Fahrbericht: VW Golf 1.9 TDI

Von Robert Lißack
Rottenburg/Tübingen, 16.05.2004

Der neue Golf V ist nicht weniger als die Existenzgrundlage des Volkswagenkonzerns. Wenn solch ein Modell durch einen Nachfolger ersetzt wird, ist immer ein großes Risiko dabei. Die Frage ist jetzt - wie gut ist der neue Golf?

Ich habe die 1,9 Liter TDI-Version getestet. Und um eines schon vorneweg zu nehmen: Sie ist die perfekte Motorisierung für den Golf.

Karosserie/Innenraum

Vorn wie hinten ist genug Platz selbst für sehr groß gewachsene Menschen. Der Einstieg nach vorn gelingt meist problemlos. Allerdings habe ich es schon erlebt, daß verschiedene Leute sich beim Aussteigen an der linken Fahrersitzkante den Beckenknochen angestoßen haben. Das ist nicht so gut und erfordert ein genaues Austesten der Sitze - also den Golf lieber nicht blind bestellen!
Der Kofferraum ist groß genug für den Wochenendeinkauf, eine dreiköpfige Familie wird damit aber bei der Fahrt in den Urlaub ihre lieben Probleme haben. Aber in der Kompaktklasse sind die 350 Liter nun mal Durchschnitt, mehr bekommt man hier meist nicht.
Die Übersichtlichkeit ist relativ bescheiden: Wer den Sitz ganz noch oben stellt, sieht noch einen kleinen Teil der Motorhaube, aber die meisten Menschen tun dies nicht und werden demzufolge auch die Motorhaube beim Einparken nicht sehen. Und das ist durchaus gewöhnungsbedürftig, denn wir haben es hier mit einem wesentlich größeren Auto als die zahlreichen Vertreter der Kleinwagenklasse zu tun, die ebenfalls dieses Problem haben. Aber auch Menschen, die gern Rückwärts einparken haben's schwer: Die Übersicht nach hinten ist sehr schlecht, da die beiden C-Säulen hinten sehr breit sind und man beim Einparken in die Garage so die Wände nicht richtig sieht.
Wer schlau ist, ordert den Einpark-Assistenten gleich mit hinzu, der kostet allerdings extra!
Die Bedienung des eingebauten Radios ist etwas zu umständlich geraten. Die Menüs sind zwar übersichtlich dargestellt, aber man muss sich während der Fahrt stark verrenken, um alle Tasten zu erreichen. Hinzukommt, daß die blaue Beleuchtung des riesigen Displays bei Nacht blendet!
Über einen Mangel an Ablagen braucht sich kein Insasse zu beklagen, auch eine Deckenbeleuchtung für die Fond-Passagiere ist mit an Bord.
 

Fahrverhalten/Fahrkomfort

Ein Traum ist die Lenkung des Golf: Im Stand und beim Rangieren kann man sie spielend mit einem Finger bedienen und mit zunehmender Geschwindigkeit wird sie schwerer zu bedienen. So hat man auch bei Tempo 200 ein enorm sicheres Lenkungsgefühl, kein Vibrieren oder Wackeln des Lenkrads ist spürbar. Narrensicher hält der Golf bei jeder Geschwindigkeit seinen Kurs, es sind keine Lenkungskorrekturen notwendig.
Wer in der Kurve Vollgas gibt wird keine Veränderung in der Lenkung spüren, sicher hält der Golf seinen Kurs - er fährt jederzeit wie auf Schienen!
Fahrbahnunebenheiten werden ebenfalls souverän abgefangen.
Alle Schalter sind am rechten Fleck, die Bedienung gibt keine Rätsel auf.
Einzig der Motor gibt bei Drehzahlen von 1400-1600 und ab 3000 ein deutliches Brummen von sich. Speziell bei schaltfauler Fahrweise im Stadtverkehr stört dies etwas. Etwas irritierend ist auch das vibrierende Kupplungspedal. Jedoch stellt auch die etwas schwergängige Schaltung eine kleine Komforteinbuße dar.
Doch insgesamt bietet der Golf ein sehr hohes Maß an Fahrkomfort.
Was bei Nacht auffällt, sind die relativ schwachen Scheinwerfer, die ruhig etwas weiter hätten leuchten dürfen. Verglichen mit einem Peugeot 206 besteht hier noch Nachholbedarf.


Der Motor

Egal bei welcher Drehzahl, der TDI dreht immer willig hoch. So richtig "Wums" gibt es aber erst ab ca. 1800 Umdrehungen. Tempo 50 im 5. Gang quittiert der Golf mit einem deutlichen Brummen, aber immerhin halten sich die Vibrationen der Fahrgastzelle stark in Grenzen.
Doch ansonsten sind die Fahrleistungen wirklich stark. Selbst bei Tempo 160 legt der Golf noch spürbar an Tempo zu. Tacho 210 sind im Nu erreicht. Dabei senkt sich die Tankanzeige nur extrem langsam dem Nullpunkt zu. Den Golf zu einem Verbrauch oberhalb von 7 Litern Diesel zu treiben erfordert mehr als ständig nur Vollgas zu fahren.
Keine Frage, eine enorme Durchzugskraft bei gerade mal 105 PS sind gepaart mit 5-6 Litern Durchschnittsverbrauch die perfekte Kombination aus Fahrspaß und Sparsamkeit.

Kosten/Preis

Früher hat man einen Golf aus Kostengründen gekauft, man wollte eben ein preiswertes Auto haben. Heute ist das anders. Der Golf kostet ausstattungsbereinigt genauso viel wie ein Audi A3 und ist somit teurer als fast alle Konkurrenten.
Punkten kann der Golf bei der Versicherungseinstufung: Mit Vollkaskoklasse 17 und Haftpflichtklasse 16 ist er wesentlich besser als die Konkurrenz eingestuft. Ein Opel Astra 1.7 CDTI (100 PS) kommt hier in der Vollkasko auf Klasse 18 und in der Haftpflicht auf Klasse 17.
Das Wartungsintervall von 50.000 Km ist ebenfalls sehr angenehm für Portemonnaie. Sehr schlecht dagegen ist jedoch, dass Volkswagen keine Garantie gewährt! Lediglich 2 Jahre Gewährleistungspflicht gibt es. Ebenso gilt es zu beachten, dass der Golf zwar durchschnittlich nur 5 Liter Diesel pro 100 Kilometer verbraucht, jedoch alle 1000 Km auch etwa einen Liter Öl benötigt. Da diese ca. 8 € kostet sind das alle 100 Km 80 Cent zusätzlich. Also pro Liter Diesel 16 Cent. Somit ist der Diesel nicht mehr so gewaltig viel günstiger als das teure Superbenzin.
Dank Euro 4 Einstufung ist der Golf mit 511,29 € steuerbefreit. Der Jahresbetrag an Steuer beläuft sich auf 489 €.

Der Grundpreis für die Basisversion Trendline beträgt 18.650 €. Darin enthalten ist dann immerhin schon eine manuelle Klimaanlage sowie ESP und 8 AIrbags.

FAZIT
Der Golf mag zwar teuer sein, aber seine Qualitäten sind unbestreitbar, man bekommt sein solides, sehr wertstabiles Fahrzeug, das enorm viel Freude am Fahren bereitet.

Technische Daten

Technische Daten, Quelle: Volkswagen